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Schwangerschaftsabbrüche werden in Deutschland immer schwieriger

Die von der Frauenrechtskonvention geforderte Umsetzung von reproduktiven Rechten kommt in Deutschland nicht gut voran

1985 wurde die Frauenrechtskonvention der UN (CEDAW = Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women) von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert. Über die Umsetzung wacht ein Fachausschuss der Vereinten Nationen (UN) in Genf. Alle vier Jahre findet dazu das Staatenberichtsverfahren statt. In diesem Rahmen gibt die Bundesrepublik einen Bericht ab, den der Fachausschuss ebenso überprüft wie Berichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen. Aufgrund dieser Berichte schätzt der UN-Fachausschuss die Umsetzung der Frauenrechtskonvention in Deutschland ein und gibt Empfehlungen für die nächsten Jahre. 2021 muss die Bundesregierung wieder auf Fragen des Ausschusses reagieren.

2019 hat sich die "German Alliance for Choice" (GAfC) zusammen gefunden. Ihr Ziel ist, im Staatenberichtsverfahren auf die anhaltende Verletzung der international verbrieften Rechte aller Frauen in Deutschland im Hinblick auf den Schwangerschaftsabbruch hinzuweisen. Bereits 2017 hatte der UN-Ausschuss auch der Bundesregierung empfohlen, die reproduktive Rechte zu verbessern. Seinerzeit wurden alle Staaten aufgerufen, den Schwangerschaftsabbruch zu entkriminalisieren. Das ist jedoch in Deutschland bis heute nicht umgesetzt. Abtreibung ist in Deutschland immer noch eine Straftat, die nur unter bestimmten Voraussetzungen nicht verfolgt wird.

Der Bericht der "German Alliance for Choice" liefert detaillierte Informationen zur aktuellen Situation in Deutschland. Diese Gruppe schreibt dazu in ihrer Presseerklärung: Der Bericht "beschreibt die weitreichenden Folgen für Frauen durch die Verortung der gesetzlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch in den Paragrafen 218 und 219 des Strafgesetzbuches. Dies betrifft bereits die Möglichkeiten, sich zum Schwangerschaftsabbruch zu informieren, das Prozedere vor einer Abtreibung und die Wahlfreiheit der Methoden.

Der Bericht verweist zudem auf eine zunehmende Verschärfung der ärztlichen Versorgungslage. Diese trifft Frauen in ländlichen oder katholisch geprägten Regionen besonders hart. Die Qualität der gesundheitlichen Versorgung von Frauen ist nicht gesichert. Evidenzbasierte Leitlinien und medizinische Qualitätsstandards zum Schwangerschaftsabbruch fehlen. Die Behandlung des Themas Schwangerschaftsabbruch in der MedizinerInnenausbildung ist nicht gewährleistet.

Die daraus resultierenden Einschränkungen der Selbstbestimmung von Frauen führen zu einer anhaltenden Verletzung der international verbrieften Rechte aller Frauen in Deutschland.

Die Diskussion um die längst überfällige Abschaffung des § 219a StGB zu "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft” aus dem Jahr 1933 öffnete den Raum für eine menschenrechtskonforme Gesetzesreform. Mit der Reform statt Abschaffung des § 219a im Februar 2019 ist diese Chance ungenutzt geblieben. Die Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten bleibt weiter bestehen. In der Begründung zur Ausgestaltung der Reform des § 219a fehlt gänzlich der Bezug zu den relevanten und für die Bundesregierung bindenden internationalen Menschenrechtsabkommen, insbesondere zur Frauenrechtskonvention."

Die Bundesregierung ist den zuletzt 2017 ausgesprochenen Empfehlungen des CEDAW-Ausschusses bisher nicht nachgekommen.

Dies sind:

  • Sicherung des Zugangs zu Verhütungsmitteln für Frauen in prekärer wirtschaftlicher Situation
  • Sicherung des Zugangs zu von der Krankenversicherung bezahlten Schwangerschaftsabbrüchen
  • die Abschaffung der Pflichtberatung vor einem Schwangerschaftsabbruch und der vorgeschriebenen Wartezeit.

Weiter heißt es in der Presseerklärung: "Durch den Bericht der "German Alliance for Choice" soll im anstehenden Dialog zwischen dem CEDAW-Ausschuss und der Bundesregierung angestoßen werden, was bisher nicht erreicht ist: eine menschenrechtskonforme gesetzliche und institutionelle Ausgestaltung im Bereich reproduktiver Rechte, Entkriminalisierung und Entstigmatisierung des Schwangerschaftsabbruchs, sowie adäquate gesundheitliche Versorgung von Frauen - der Zugang dazu ist ein Menschenrecht."

Die Giordano-Bruno-Stiftung und die gbs Karlsruhe sowie 64 weitere Organisationen unterstützen diesen Bericht.

Der Bericht kann auf der Seite der Vereinten Nationen heruntergeladen werden: https://tbinternet.ohchr.org/Treaties/CEDAW/INT_CEDAW_ICS_DEU_41396_E.docx

Der Bericht ist in englischer Sprache verfasst. Eine deutsche Übersetzung soll folgen.

Die Berichte weiterer Organisationen finden sich hier (bitte nach unten scrollen bis zum Abschnitt "Deutschland"): https://tbinternet.ohchr.org/SessionDetails1.aspx?SessionID=1389&Lang=en